Ich fühlte mich einsam – trotz tausender Fans
Tatjana Cameron Tajči war erst 19 Jahre alt als sie in Zadar den Eurovision Song Contest mit ihrem Hit „Hajde da ludujemo“ gewann. Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs, mit 20 Jahren, ließ sie plötzlich alles hinter sich und flog nach Amerika, um dort Musik zu studieren. Hier fand sie ihren Seelenfrieden und die Liebe ihres Lebens. Heute ist Tatjana Cameron Tajči (40) Mutter dreier Söhne im Alter von 11, 9 und 6 Jahren. Im Gespräch für FeniX spricht sie darüber warum sie vor zwanzig Jahren nach Amerika „geflohen“ ist.
FeniX: Was veranlasste Sie dazu auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere plötzlich nach Amerika umzusiedeln? – Ich war ein junges Mädchen, das sehr viel in die Musik investierte und sich wenig Zeit für sich selbst und das eigene Gefühlsleben nahm. In diesem Arbeitstempo, in das ich geraten war, verlor ich mich schnell selbst. Viele Dinge verwirrten mich mit der Zeit zusätzlich: Die Egozentrik der Unterhaltungsindustrie, die Wichtigkeit des kommerziellen Erfolgs sowie die Isoliertheit trotz tausender Fans. Irgendwann hatte ich Angst für immer Tajči im „orangefarbenen Kleidchen“ zu bleiben. Da begriff ich, dass ich mich davon distanzieren musste.
FeniX: War das eine mutige oder eine schwere Entscheidung für Sie? – Es war definitiv eine schwere Entscheidung, weil ich die Menschen, die ich liebe verlassen musste. Damals glaubte ich, dass dies die einzige Möglichkeit sei den richtigen Weg für mich, meine Identität, meinen Glauben, meinen inneren Frieden sowie meine wahre Liebe zu finden.
FeniX: Wie waren Ihre ersten Tage nach der Ankunft in Amerika? – Ich war allein, frei und anonym. Mir gefiel die Freiheit, in der ich mich weniger einsam fühlte. Mir wurde bewusst, dass der Einzelne nicht allein ist, sondern vielmehr Teil eines größeren „Plans“ ist. Meine Liebe fand ich zunächst im katholischen Glauben. Danach begann ich, an der Akademie für Musik und Schauspiel am Broadway zu studieren und lernte hier viele Kroatinnen und Kroaten kennen, die mich bei allem unterstützten.
FeniX: Wie haben Sie eigentlich Ihren Ehemann kennengelernt? – Matthew habe ich in Los Angeles im Kloster der Schwestern des Karmeliterordens kennen gelernt. Für die Schwestern habe ich zu dieser Zeit eine Reihe von Konzerten produziert. An Matthew faszinierten mich sofort seine innere Stärke sowie sein abenteuerlustiger und unkonventioneller Geist. Zwölf Jahre lang haben wir gemeinsam die USA bereist und Konzerte gegeben. Wir haben in der Tat viele wunderschöne Erinnerungen an diese Zeit, doch es gab auch schwere Augenblicke, die uns stärker machten.
FeniX: Wie war Ihr Leben in Amerika insgesamt? – Es war ein unermüdlicher Balanceakt zwischen Familie, Ehe und Karriere. Pro Jahr haben wir um die 80 Konzerte organisiert. Ich habe Lieder komponiert, neue Programme verfasst und Regie geführt, Musicals und Ähnliches geschrieben. Die Kinder waren immer mit mir unterwegs; zu Gunsten meiner Karriere hätte ich sie nie allein gelassen.
FeniX: Nach 20 Jahren Leben in Amerika sind Sie in Ihre wieder in Ihre Heimat zurückgekehrt. Warum? – Ja, das bin ich. Mein Wunsch war es eine musikalische und szenische Darbietung auf höchstem Niveau zu realisieren. Leider kam das Projekt einerseits zu teuer und kam andererseits zu einem ungünstigen Zeitpunkt zustande: in der Wirtschaftskrise.
FeniX: Sie sagten, dass Sie sich dem Glauben zugewandt haben. Wie wichtig ist der Glaube für Sie persönlich? – Der Glaube gibt meinem Leben den Sinn und meiner Seele ihren Wert. Wenn der Mensch einmal den richtigen Glauben für sich selbst entdeckt hat und die persönliche Botschaft Gottes vernehmen kann, ist es ihr oder ihm von da an unmöglich ohne den Glauben fortan zu leben. Ich spreche hier nicht von Religion, sondern über gelebten Glauben.
FeniX: Haben Sie Pläne für die Zukunft? – Mich meiner Familie, meinem Ehemann und den Kindern widmen, im Glauben und an meiner Lebenserkenntnis zu wachsen. Ich möchte das Leben um mich herum erfahren, es fühlen und intensiv erleben. In jedem Augenblick will ich Gott für mein Leben danken, für jeden Atemzug. All das möchte ich in meine Musik übertragen und diese dann als persönlichen Erkenntnisse und Emotionen mit anderen Menschen teilen.
Interviewt : Marijana DokozaE-mail: marijana.dokoza@fenix-magazin.de