Kampf und Bewährung einer jungen Frau
Die wenigsten von uns wissen, dass die 25-jährige deutsche Boxerin Nikki Adler, die amtierende Weltmeisterin im Supermittelgewicht, eigentlich die Kroatin Nikolina Orlović ist. Aus Gründen der besseren Vermarktung hat Nikolina zu Beginn ihrer professionellen Boxkarriere ihren Vornamen gekürzt (Nikki) und ihren Familiennamen Orlović in die deutsche Sprache (Adler) übersetzt. Mit neuem Vornamen und Familiennamen wurde sie fünffache Deutschlandmeisterin, anschließend auch Europameisterin und seit Juli dieses Jahres auch Weltmeisterin im Supermittelgewicht. Bei der Erlangung des ersten Welttitels in der WBU-Version hat Nikki Adler in ihrer Geburtsstadt Augsburg Emoke Halas aus Serbien durch Knockout in der vierten Runde besiegt. Interessant ist, dass sie bei ihrer ersten Titelverteidigung (12. Januar 2013) im bayrischen Neu-Ulm ebenfalls gegen eine Serbin, Marija Pejaković, antritt, die wiederum unter tschechischer Flagge kämpft. Die Geschichte von Nikolina Orlović ist eine typische Geschichte über Kampf und Bewährung von Angehörigen der zweiten Generation der kroatischen Zuwanderer in Deutschland. Es ist auch eine Geschichte über ihre Selbstfindung zwischen zwei Heimaten: dem Land, in dem sie geboren sind und dem Geburtsland ihrer Eltern. Nikolina, die in Augsburg als Kind kroatischer Eltern geboren ist (die Mutter kommt aus Karlovac, der Vater aus Udbina), fängt mit 15 Jahren an, Kickboxen zu trainieren. Mit 18 Jahren wählt sie Boxen aus, weil ihr diese Sportart sehr gefällt. Zu Beginn ihrer Karriere wird sie im Amateur-Boxkampf fünffache Deutschlandmeisterin, aber sie boxt auch für Kroatien auf internationaler Ebene. Unter ihrem richtigen Namen tritt sie 2008 für Kroatien auf und wird Kroatische Meisterin. Im kroatischen Dress erringt sie auch die Bronzemedaille bei den Europameisterschaften, während sie bei den Weltmeisterschaften auf den 5. Platz kommt.
Heute kämpft sie im Profi- Boxkampf aufgrund der besseren finanziellen Bedingungen unter deutscher Flagge und einem anderen Namen – Nikki Adler. Aber Kroatien betrachtet sie, genauso wie Deutschland, als ihre Heimat. – Ich fahre gerne nach Kroatien. Dort bin ich jedes Mal, wenn ich frei habe, betont Nikolina, die derzeit keinen Freund hat. Im Gespräch hebt sie mit Stolz hervor, dass zwei Mentalitäten in ihre Erziehung eingebaut sind: die deutsche Arbeit und Disziplin und der kroatische Kampgeist. Die Verbindung dieser zweier Mentalitäten und die Unterstützung der Eltern hat sie an die Spitze des Profiboxsports gebracht. – Die Eltern haben sich immer um mich gesorgt. Sie haben mich auch dann unterstützt, w e n n s i e mit meinen E n t s c h e – i d u n g e n n i c h t übereins t i m m – ten. Papa und Mama wundern sich heute noch und fragen mich, weshalb ich Boxen trainiere. Sie sagen, dass es ihnen schwer fällt, meine Kämpfe anzuschauen. Ich verstehe sie, denn ich weiß, dass es ihnen das Herz bricht, wenn sie sehen, dass mich jemand schlägt, sagt Nikolina ruhig und verrät uns, dass sie bis heute acht Kämpfe und acht Siege in ihrer Profikarriere hatte. Davon hat sie sechs Kämpfe durch Knockout und zwei durch Punktsieg gewonnen. Im Amateur-Boxen hatte sie 30 Kämpfe, davon 25 Siege und 5 Niederlagen. Da der sportliche Erfolg, insbesondere auch im Boxkampf, vom Alter abhängt, haben wir Nikolina gefragt, wie lange sie plant, in den Ring zu steigen. – Frauen bleiben bis dreißig im Ring. Danach ziehen sie sich zurück und beenden ihre Karriere. Wahrscheinlich werde auch ich so handeln, antwortet unser Champion aus Berlin, deren bisherige Erfolge unverdienterweise von den Augen der Öffentlichkeit weit entfernt geblieben sind.
Schrieb: Ivan MandićE-mail: ivan.mandić@fenix-magazin.de