ich hörte vor kurzem von einigen jungen Leuten, Mitglieder der SDP-Jugend aus Zagreb, die aus ihrer Heimat nach Deutschland gekommen sind, um zu lernen wie man im größten wirtschaftlichen Machtland Europas, politische Probleme löst. Die jungen kroatischen Sozialdemokraten sehen sich in Zukunft als aktive Politiker und vielleicht auch als diejenigen, die unser Land führen werden. Als die kroatischen Emigranten interessierte, was sie von der schlechten wirtschaftlichen Lage und der Zweisprachigkeit in Vukovar halten, verschwand die Begeisterung sofort.
Der Aufruf der Einwohner Vukovars sich den Versuchen der Regierung die kyrillische Schrift in Vukovar einzuführen, entgegenzustellen, bezeichneten sie als „Aggression und Vandalismus“. Obwohl man ihren Aussagen zustimmen könnte, dass man endlich die Vergangenheit vergessen und nach vorne in die Zukunft schauen sollte, war es für mich inakzeptabel, dass sie sich als Kriegskinder aus Zagreb bezeichneten, obwohl es dort so gut wie keinen Krieg gab. Ich selber könnte sagen, dass ich ein Kriegskind bin, da ich in der Umgebung Zadars aufgewachsen bin wo der Krieg viele Menschenleben abverlangt hat. Ich war unweit von Škabrnja an dem Tag als der Ort in Blut versank, als auf seinen Straßen leblose Körper von Kindern, Frauen, Soldaten fielen…
Ich traute mich jedoch nie öffentlich zu sagen,dass ich ein Kriegskind bin wegen all den Kindern die ermordet wurden, der Kinder die diese Kriegsgrausamkeiten über- lebt haben, all die Vergewaltigungen und Foltereien. Ich empfinde es immer als ziemlich schmerzhaft, wenn jemand einfach so sagt, dass er ein Kriegskind sei und dabei nicht mal den Schmerz der Mütter versteht, die noch auf die leiblichen Überreste ihrer Sohne warten oder den Schmerz einer Frau die noch als Kind im Krieg vergewaltigt wurde. Ich glaube, dass nie- mand von den Kroaten seine Kinder dem Hass belehrt, sondern der Vergebung. Von den Anderen verlangen sie zumindest den noch immer vorhandenen Schmerz zu respektieren. Ich bin mir sicher, dass die Einwohner Vukovars weder ihre serbische Mitbürger hassen, noch die kyrillische Schrift, die erst während der Besetzung Vukovars die Oberhand gewann. Sie erwarten nur Verständnis, da sie nicht mit ihrem Schmerz und ihren of- fenen Wunden leben können. Die kyrillische Schrift erinnert sie noch immer an die schrecklichen Tage der Besetzung und Ver- treibung. Auf die Gegenfrage der jungen SPD-Leute „wann die Zeit für die Zweisprachigkeit in Vukovar kommen wird?“ würde ich mit diesen Worten antworten: wenn es keine sichtbaren Kriegswunden in Vukovar mehr gibt, wenn die Kinder von Vukovar die Kriegsgrausamkeiten vergessen haben, wenn Mütter der verstorbenen Soldaten von Vukovar die Gebeine ihrer Söhne finden.
Durch die Aufstellung der kyrillischen Schilder, die nicht mal zu Zeiten Jugoslawiens in Vukovar waren, wandelt die kroatische Regierung den ganzen Schmerz von Vukovar einfach in Hass um.Über all die Themen lesen sie in dieser Ausgabe von Fenix, die ihnen auch Meinungen der kroatischen Verbünde aus der Emigration sowie des Vorsitzenden der HDZ–Partei, Tomislav Karamarko bringt. Fenix schreibt ebenfalls über das Aufeinandertreffen der zwei bekanntesten kroatischen Handballspieler in Deutschland, Ivano Balić und Drago Vuković. Finden Sie auch viele weitere Sport – und andere Geschichten nur in der neuen Ausgabe von Fenix.
Marijana Dokoza