Die Küchenuhr zeigte halb acht Uhr morgens, als Ivo den Telefonhörer aufnahm und die Nummer seiner Arbeitskollegin Karin Becker wählte.
„Becker!“ – meldete sich eine weibliche Stimme.
– Hallo, Karin, Guten Morgen und hoffentlich habe ich dich nicht geweckt, mein Goldvogelchen!“
– „Moment mal….“
– Na, na – nun werde nicht gleich sauer! Darf ich dir denn nicht Guten morgen sagen und dir einen angenehme Tag wünschen? Aber entschuldige – ich habe ganz vergessen, dass du ab heute Urlaub hast, wahrscheinlich wolltest du heute wenigstens einmal richtig ausschlafen. Eigentlich wollte ich das auch, aber ich sage dir ganz offen: Du fehlst mir- dein Lächeln, deine hübsche Augen, die mich jeden morgen so anstrahlen, wenn ich mich etwas aufregt, deine Figur, deine Brust…..
– „Aber, aber….!“
– „Was ist denn los, Karin? Warum unterbrichst du mich andauern? Einmal habe ich die Gelegenheit, dir alles zu sagen, was ich möchte. Sonst komme ich nicht dazu, aber jetzt bin ich allein im Büro. Ich hoffe doch, du hörst mir gern zu. Oder?
– „Ich weiß nicht….!“
– „Was ist mit dir los? Schläfst du noch halb, dass du so kurz angebunden bist? Ich verstehe dich ja – du willst bei Urlaubsanfang deine absolute Ruhe haben! Die muss ich dir leider verderben. Setzt dich lieber bequem hin, damit’s dich nicht umhaut. Hör mal zu: unserer lieber Kollege Klaus ist krank, kann heute nicht zur Arbeit kommen. Und das am Freitag – du weiss ja, was da immer hier los ist, alles muss noch fertiggemacht werden. Der Chef hat mir aufgetragen, dich anzurufen: du sollst sofort kommen, niemand sonst mit dem verdammten Computer klarkommt!“
– „Auch das noch!“….
– „Ja -das habe ich mir gedacht, dass du das sagst, Karin Liebes! Ich hab’s gewusst! Und ich hab’s kommen sehen, als Klaus ausfiel. Habe ich dir nicht noch gesagt klar und deutlich, wenn auch mit Gastarbeiterakzent, gesagt – bleibe im Urlaub nicht zu Hause, da kann immer etwas Unerwartetes dazwischenkommen. Verschwinde nach Kroatien, Spanien, sonst wohin, n u r bleibe nicht in diesen langweiligen Köln! Jetzt bist du auch noch da, und ich muss dich telefonisch zur Arbeit zurückholen. Tut mir ja sehr leid, aber recht hatte ich doch, nicht wahr, mein Vögelten!?
– „Augenblick….!“
– „Natürlich hatte ich recht! Aber hör mal zu, mein Täubchen, wir machen das beste aus der Störung, ja? Ich mag dich, ich freue mich, dass du noch da bist,. Wenn das hier alles geschafft ist, gehen wir zu mir – kroatische Wein, kroatische Musik – das wird ein prima Abend! Wir reden noch darüber, wenn Du hier kommst. Übrigens, wann kommst du denn hier?
– „Gar nicht!“
– „Gar nicht?! Das ist doch nicht dein Ernst! Warum denn nicht – wenn ich dich ganz freundlich fragen darf?
– „Weil Karin gestern Abend plötzlich nach Kroatien geflogen ist!
– „Und wer spricht denn da?
– „Ihre Großmutter“!
Drasko Antov