Fra Zvonko Tolić, Leiter der Kroatischen Katholischen Mission in Berlin und früher langjähriger Leiter der Kroatischen Katholischen Mission Stuttgart, veröffentlichte auf seiner Facebook-Seite einen offenen Brief im Zusammenhang mit der Fernsehübertragung der Weihnachtsmesse aus Stuttgart, in der eine Krippendarstellung mit einem „schleimigen Jesus“ gezeigt wurde, was bei den Gläubigen Anstoß erregte.
Öffenliches Schreiben auf Deutsch:
Als katholischer Priester, der über Jahre hinweg in Stuttgart für die Seelsorge der kroatischen Gläubigen verantwortung war, wende ich mich mit tiefer persönlicher Betroffenheit an die Öffentlichkeit.
In meinem priesterlichen Dienst habe ich jedoch stets erfahren, dass der Glaube der Kirche die Grenzen von Sprache, Herkunft und Nation übersteigt. Gerade deshalb kann und darf ich nicht schweigen, wenn sich viele Katholikinnen und Katholiken – unabhängig von ihrer Herkunft – in ihrem Glauben verletzt fühlen.
Die im Fernsehen übertragene Christmette aus Stuttgart hat mich und zahlreiche Gläubige tief getroffn. Was, zusammen mit der Osternacht, zu den heiligsten Nächten des kirchlichen Jahres gehört, wurde auf eine Weise gestaltet, die von provokativen Inszenierungen, sexuellen Anspielungen und Elementen gerichte war, die als Blasphemie wahrgenommen werden muss. Dies alles geschah unter Berufung auf einen vermeintlichen künstlerischen Ausdruck.
Ich erhebe dagegen ausdrücklich Einspruch.
Ich habe in Stuttgart Menschen begleitet, getauft, getraut, beerdigt, mit ihnen gebetet, gehofft und gelitten. Unter ihnen waren Kroaten, Deutsche und Gläubige anderer Nationen. Für sie alle ist die Christmette kein kulturelles Ereignis, sondern ein heiliger Raum der Begegnung mit Gott. Dass gerade dieser Raum zur Bühne der Provokation wurde, empfinde ich als schweren Misbrauch liturgischer und geistlicher Verantwortung.
Aus theologischer Sicht ist Weihnachten die Feier der Menschenschwerdung Gottes.
„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Johannes 1,14).
Dieses Geheimnis verlangt Ehrfurcht. Liturgie ist kein ästhetisches Experimentierfeld und keine Projektionsfläche persönlicher Botschaften, sondern Dienst am Glauben der ganzen Kirche. Wo dieses Mysterium verfremdet wird, verliert der Gottesdienst seinen inneren Wahrheitsanspruch.
Aus moralischer Sicht gilt: Künstlerische Freiheit entbindet nicht von Verantwortung. Freiheit endete dort, wo sie verletzt wurde. Die bewusste Missachtung religiöser Überzeugungen ist kein Zeichen von Mut oder Fortschritt, sondern Ausdruck von Rücksichtslosigkeit. Eine pluralistische Gesellschaft lebt vom gegenseitigen Respekt, auch und gerade gegenüber dem Heiligen des anderen.
Als Priester sehe ich mit besonderer Sorge die Verletzung des christlichen Verstandes menschlicher Würde.
„Gott schuf den Menschen als sein Bild“ (Gen 1,27).
Jesus Christus hat den Menschen niemals erniedrigt, sondern aufgerichtet. Er hat nicht provoziert, sondern geheilt; nicht verspottet, sondern geliebt. Wer in seinem Namen feiert, trägt Verantwortung für dieses Zeugnis.
Mit allem Ernst erinnere ich mich an die Worte Jesu:
„Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, man hängete ihm einen Mühlstein um den Hals“ (Mt 18,6).
Diese Worte sind mir als Priester Mahnung und Gewissensprüfung.
Ich weise entschlossen zurück, dass Respektlosigkeit gegenüber dem christlichen Glauben als zeitgemäß oder notwendig gerechtfertigt wird. Wahre Kunst sucht Wahrheit. Wahre Freiheit kennt Grenzen. Wahre Humanität achtet das Gewissen des anderen.
Dieses Schreiben ist kein Angriff, sondern ein Zeugnis.
Kein Ausdruck von Hass, sondern von Verantwortung.
Kein Ruf nach Zensur, sondern nach Ehrfurcht.
Wer Weihnachten entleert hat, raubt den Menschen Hoffnung.
Wer Christus verspottet, verletzt die Würde des Menschen.
Als Priester, der Stuttgart verbunden ist und dem die Kirche in ihrer Universalität am Herzen liegt, konnte und wollte ich dazu nicht schweigen.
Fenix-magazin/SIM/